INFO Ehrenfeld | Bürgervereinigung | Berichte | Geschichte | Kirchen | Schlachthof | Schulen | Venloer Str. |
Zur Strategischen Bedeutung von Ehrenfeld
aus der Sicht eines Pendlers
2.10.95 Die
Türen des Stadtexpreß Köln-Aachen knallen hinter mir zu. Ich blicke
mich verloren um, während sich der Zug quietschend wieder in Bewegung
setzt. Sinndorf, Gleis 1. Das alte Bahnhofsgebäude wird längst nicht
mehr genutzt; hinter schmutzigen Scheiben werben Plakate für Tickets,
die es langeschon nicht mehr gibt. Wäre da nicht meine neue
Arbeitstelle, ich wüsste nicht, was mich in diese Gegend verschlagen
sollte. Die Entfernung zu meinem Wohnort Bonn ist doch wesentlich größer,
als ich mir vorgestellt habe. Mit dem Auto braucht man angeblich nur 40
Minuten für diese 50 km. Ich benötigte heute insgesamt über 3 Stunden
für Hin- und Rückweg. Mit 3 Stunden Fahrtzeit liege ich im
Kollegenkreis übrigens nur im Mittelfeld. Der eine kommt aus
Meckenheim, einer aus Eitorf an der Sieg, der Chef sogar aus Wuppertal.
Der Wahnsinn hat also Methode. Das Unternehmen ist erst vor wenigen
Jahren ins Industriegebiet auf die 'grüne Wiese' gezogen, quasi in
Sichtweite einer Autobahnabfahrt. Wer wollte sich also beklagen? Das
Erste, was einem auffällt, wenn man sich der Firma mit ihren modernen
Gebäuden nähert, ist der riesige Parkplatz drum herum. Schon gegen 9
Uhr morgens ist hier alles belegt. 10.10.95 Heute morgen starte ich um 7:49 Uhr
von Bonn in Richtung Köln . Dort hätten wir fahrplanmäßig um 8:18
eintreffen sollen. Mit einem kleinen Sprint hoffe ich einen Anschluss um
8:20 in Richtung Aachen zu kriegen. Dummerweise ist es schon 8:25, bevor
mein Zug überhaupt in den Hbf einfährt. 30 Minuten Wartezeit! Leider hält
der Stadtexpress, von Bielefeld kommend nur in Horrem (eine Station vor
meinem eigentlichen Ziel). Orientierungslos irre ich über den dortigen
Busbahnhof, die Taxifahrer folgen mir mit gierigen Blicken. Ich denke,
weit kann das doch nicht sein, bis Sinndorf-Bahnhof, und weil ich nicht
gleich zu Anfang in der Firma als Langschläfer auffallen möchte,
steige ich kurz entschlossen in eines der Taxis. Im Schneckentempo
schieben wir uns durch den Stadtverkehr und erst nach einer endlosen
Viertelstunde, und um 16,- DM ärmer, komme ich in Sinndorf an. Bleibt
noch der Fußweg vom Bahnhof zur Firma: weitere 10 Minuten. Auch auf dem
Nachhauseweg läuft nicht alles ideal, denn ein Anschlusszug von Köln
Richtung Bonn verlässt den Hbf exakt in der Minute, in der mein Zug
(planmäßig) ankommt. Ich brauche auch für diese Strecke über 1 ½
Stunden! 20.10.95 Inzwischen habe ich einen
interessanten Tipp von Freunden bekommen, die in Köln wohnen. Sie haben
mich nämlich auf die geringe Entfernung zwischen den beiden Bahnhöfen
Köln-West und Köln-Ehrenfeld aufmerksam gemacht. Wer aber kennt Ehrenfeld? Kurz entschlossen habe ich mir ein altes Klapprad an
den Bahnhof Köln-West gestellt und schneide so meinem Anschlusszug den
Weg ab. Leider reicht auf dem Rückweg meine Ortskenntnis von Ehrenfeld
in der Dunkelheit nicht aus und ich strampele an der richtigen
Abzweigung vorbei. Erst als ich mich nach mehreren Kilometern in einer völlig
unbekannten Gegend wiederfinde, kehre ich um und hetze bei heftigem
Nieselregen zu meinem Anschlusszug. Auch die Kosten der Taxifahrt haben
mich schlauer gemacht und so wartet ein zweites Rad in Horrem darauf,
mich die 5 km zur Arbeit zu bringen. Die Zahl der Räder hat sich damit
auf 3 erhöht, denn auch zwischen Wohnung und Bonner Hbf laufe ich
schließlich nicht zu Fuß. Schwieriger als alte Räder sind aber
akzeptable Fahrradschlösser zu beschaffen. 3.11.95 Heute muss ich Überstunden machen.
Die gängigen Züge und Verbindungen und die strategische Bedeutung von Ehrenfeld
für meinen Job kenne ich mittlerweile. Leider mache ich einen dummen
Fehler, ich prüfe nicht, ob es Lücken in der Regelmäßigkeit gibt.
Als ich am Bahnhof Köln West bin, um den Zug um zwanzig vor zu nehmen,
ist der Bahnsteig schon verdächtig leergefegt. Ein Blick auf den
Fahrplan bestätigt meine dunklen Ahnungen: Es gibt keinen Zug um 20 vor
9! Erst 21:21 wird es weitergehen. Lustlos und hundemüde sitze ich vor
einem Glas Kölsch an der Theke einer Kneipe. Mein Blick fällt durch
das Fenster auf ein Werbeplakat: "Ihr Bahnhof, das ist immer ein
bisschen wie nachhause kommen!" 14.12.95 Es ist schon erstaunlich, wie oft die
Züge auf der kurzen Fahrt nach Köln eine Verspätung erfahren. Selbst
wenn sie pünktlich in Bonn starten, sind 5 Minuten plus in Köln die
Normalität. Spätestens hinter Kalscheuren befällt sie eine unerklärliche
Trägheit. In Köln West angekommen beginnt für mich eine mörderische
Aufholjagd quer durch Ehrenfeld. (Mörderisch vor allem für
unvorsichtige Fußgänger auf dem schmalen Radweg). Reicht es nicht, so
finde ich mich mittlerweile als Stammgast in einer typischen Köll'schen
Kaffeebud' auf der Venloer Straße wieder. 30 Minuten Wartezeit in
dieser Affenkälte überlebt man auf Dauer nämlich nicht. 18.12.95 Auf dem Heimweg passiert heute
folgendes: Der Zug, der Horrem um 17:17 in Richtung Köln verlassen
sollte, hatte 15 Minuten Verspätung. Damit erübrigt sich für mich
jeglicher Versuch von Ehrenfeld aus per Rad in Köln West einen
sinnvollen Anschluss zu bekommen. Also bleibe ich bis Hbf im Zug sitzen.
Doch auch dort ist natürlich kein Anschluss in Sicht. Allein der
Interregio um 11 nach würde mir weiterhelfen, doch ist der für mich
leider zuschlagpflichtig! Klammheimlich hoffe ich, aufgrund von Verspätungen
würde er vielleicht für VRS-Kunden freigegeben. Dies ist freilich
nicht der Fall. Aber ich gebe noch nicht auf und schreite beherzt zum
Informationsschalter in der Eingangshalle. "Mein Zug hatte über 15
Minuten Verspätung, deshalb habe ich meinen Anschlusszug verpasst. Kann
ich statt dessen den IR benutzen?" Der Beamte blickt mich feindlich
an: "Mit welchem Zug sind Sie denn gekommen?" Ich erkläre,
dass ich den aus Aachen kommenden Stadtexpress genommen habe und ich
Richtung Bonn weiterfahren will. "Aber, Sie hätten diesen Zug ja
sowieso nicht erreichen können!" posaunt der Uniformierte heraus,
offensichtlich stolz mich bei einer faustdicken Lüge ertappt zu haben.
"Äh, ja...", stottere ich, "ich hätte ja eigentlich
auch nicht in Hbf, sondern in Ehrenfeld aussteigen wollen, und
dann in Köln-West wieder einsteigen..." höre ich mich umständlich
erklären. "Das geht doch gar nicht, da liegen mehrere Kilometer
zwischen!", muss ich mich nun belehren lassen. "Aber, ich habe
eine Fahrrad dort, und ich mache das immer....."' rechtfertige ich
mich noch, als ich den Fall innerlich längst aufgegeben habe und nur
noch überlege, wie ich mich ohne Gesichtsverlust aus der peinlichen
Befragung zurückziehen kann. Also kein Interregio. 30.1.96 Wollte heute auf 'Nummer Sicher'
gehen. 7:09 ab Bonn, mit reichlich Zeit für meine Ehrenfeld-Durchquerung.
Es ist wieder extrem kalt und seit Wochen auch tagsüber weit unter Null
Grad. Im eisigen Zugwind stehe ich auf dem Ehrenfelder Bahnhof,
der keinerlei Warteräume oder ähnliches kennt. Der Zug sollte
eigentlich längst da sein , denke ich, als schließlich eine Durchsage
mehr als 25 Minuten Verspätung ankündigt. "Wir bitten um etwas
Geduld!", krächzt die gelangweilte Stimme aus dem Lautsprecher.
Ich atme tief durch, die geballte Faust in der Tasche. 31.1.96 Der Zug um 8:09 in Bonn fährt pünktlich,
allerdings ist die Heizung defekt. Bei Temperaturen unter Null Grad,
wie sie in diesem sibirischen Winter an der Tagesordnung sind, klappen
die muffligen Fahrgäste die Kragen ihrer dicken Winterjacken hoch und
schweigen sich an. Der 8:54 von Ehrenfeld hat laut Ansage 5-10
Minuten Verspätung, tatsächlich sind es 12! 2.2.96 Das Radio hat vor extremem Eisregen
gewarnt. Ich fahre wieder Interregio. In Köln treffe ich meine
Arbeitskollegin, eine Autofahrerin, die durch die Wetterbedingungen der
Bundesbahn in die Arme getrieben worden ist. Sie irrt herum und kennt
die Verbindungen natürlich nicht. Schon jetzt eine halbe Stunde länger
unterwegs als ich. Nicht ohne Stolz zeige ich ihr, mit welchem Zug wir
weiter kommen. Da sie natürlich keine Fahrräder an den strategisch günstigen
Bahnhöfen, speziell in Ehrenfeld verteilt hat, wird die Fahrt
lang und beschwerlich. Auch in Horrem glänze ich mit mühsam
erarbeiteter Insiderinformation und bugsiere sie in den Bus Nr. 941.
Dieser stellt die einzige Möglichkeit wenigstens noch ein Stück weiter
in Richtung unseres Arbeitsplatzes zu kommen, ohne wieder ein Taxi rufen
zu müssen. Bleiben erfrischende 20 Minuten Fußmarsch. 5.2.96 Der 7:49 fährt zwar pünktlich in
Bonn ab, kommt aber wieder mal mit 8 Minuten Verspätung an. Mit knapper
Not erreiche ich meinen Anschluss in Ehrenfeld. Ich habe jetzt
ein 4. 'Sperrmüll-Rad' in Sinndorf postiert, immer noch von dem Traum
beseelt, meine Fahrzeit in die Nähe der magischen Grenze von 1 Stunde
pro Richtung zu drücken. Bereits am nächsten Tag finde ich es seiner
Ventile beraubt in einem jämmerlichen Zustand vor. 13.2.96 Inzwischen habe ich alle
Fahrradventile mit einer Zange angezogen und mit einer zweiten Mutter
gekontert. Mit bloßen Händen ist da für Diebe nichts mehr zu machen.
Auch habe ich eine Technik entwickelt ein Fahrrad zwischen Sinndorf und
Horrem im Zug mitzunehmen, blitzschnell auszusteigen, es abzustellen und
in Windeseile denselben Zug wieder zu besteigen. Doch auch Rückschläge
muss ich in meinem komplizierter werdenden System einstecken. Als ich
heute in Ehrenfeld aussteige, kann ich das zuständige Rad
nirgendwo entdecken! Nach einigen Interregio-Seitensprüngen habe ich
wohl vergessen an welchem Ende der Strecke ich das gute Stück zuletzt
abgestellt hatte. Mir bleiben aber fast 20 Minuten Zeit, das muss aber
doch auch mit der U-Bahn zu schaffen sein! Weit gefehlt. Von den 2
Linien, die hier verkehren lässt sich fast 15 Minuten lang keine
blicken. Als ich zuletzt mit Riesensprüngen den Bahnsteig West
erreiche, fährt mir der Zug vor der Nase weg. 4.3.96 Heute muß es irgendwo zu einer
erheblichen Betriebsstörung gekommen sein. Als ich gegen 9 Uhr auf dem
Bonner Hbf stehe, werden ständig Durchsagen über verspätete Züge und
notwendige Umleitungen über die linke Rheinseite gemacht. Gerade werden
die Fahrgäste, die auf einen IC warten, zum x-ten Mal aufgefordert doch
den SE zu benutzen, der abfahrbereit seit 9:12 auf Gleis 2 warte. Längst
ist aber 25 Minuten nach 9 und der Zugführer scheint des Wartens überdrüssig.
Er löst die bekannte Lautsprecherdurchsage aus: "An Gleis 2 bitte
einsteigen! Türen schließen selbsttätig!" Kaum aber ist das
letzte Wort der Bandansage verhallt, brüllt die panische Stimme eines
Kollegen über die Lautsprecher sämtlicher Bahnsteige ihn an:
"Boris!! Noch nicht abfahren! Das gibt Ärger, warte wenigstens
noch 5 Minuten!" Boris wartet nicht. Der Zug, der heute Ehrenfeld
um 9:54 verlassen sollte, hat 30 Minuten Verspätung. Ich warte und
friere. 21.3.96 Wieder wird in Ehrenfeld eine
Verspätung von 20-25 Minuten angekündigt. Da ich nach einem
Zahnarztbesuch am Morgen noch nichts gegessen habe, beschließe ich um
die Ecke einen Kaffee und ein Croissant zu holen. Vorsichtshalber reize
ich die Zeit nicht aus und komme schon nach 12 Minuten zum Bahnhof zurück.
Ich kann es nicht fassen: oben auf dem Bahnsteig fährt mein Zug davon!
In dem Zug, der mich schließlich mitnimmt, suche ich dringend eine
Toilette, die vielen Kaffees der unfreiwilligen Wartepausen fordern
ihren Tribut. Erstaunlicherweise aber fehlen an einigen Türen, dort wo
man seit Menschengedenken in Eisenbahnen die Klos vermutet, die Türklinken.
Ungläubig schaue ich auf die Aufschrift: 'Funktionsraum'. Dies Wort ist
so schön, dass man ihm verzeihen möchte, dass es die eine,
entscheidende Funktion leider nicht meint. 18.4.96 Alle Züge am Morgen soweit pünktlich.
Abends um 19:20 stehe ich wieder in Ehrenfeld und warte. Der IR
ist noch nicht durchgefahren, das riecht nach Verspätung. Was gegen ½
8 schließlich im Schneckentempo angerollt kommt, ist der IC 507
Stolzenfels. Am Ende des Bahnsteigs hält er sogar an, die Schaffner
steigen aus um nachzusehen, was der Grund für diesen außerplanmäßigen
Stop ist. Ich frage einen von ihnen: "Können Sie uns nicht einfach
mitnehmen, unser Zug hat Verspätung?" "Eigentlich geht das
nicht,...", höre ich hoffnungsvolles aus dem Munde des Beamten
dringen. Er zaudert. Aber ich habe einen Fehler gemacht: Ich hätte
nicht "uns" sagen sollen, so wird mir später klar. Ich sehe
den Schaffner über mich hinweg schauen und misstrauisch die Gruppe von
30 - 40 gestrandeten VRS-Kunden erkennen. Die lauern ja nur darauf
seinen schönen IC zu stürmen, sobald er ihrem "Sprecher"
auch nur ein kleines Zeichen von Schwäche zeigen sollte. In dieser
Sekunde zwischen Mitleid und Dienstpflicht öffnet sich leider das
Ausfahrsignals. Der edle Zug rollt geräuschlos an und verschwindet im
Sonnenuntergang. 15.5.96 Wieder stehe ich auf dem Sinndorfer
Bahnhof. Hier ist die Strecke auf dem flachen Land schnurgerade
angelegt. In der einen Richtung kann man problemlos bis Horrem sehen,
aus Aachen kommende Züge schweben schon 5 Minuten bevor sie einfahren
als dunstig flimmernde Fata Morgana am Horizont über den Schienensträngen.
Ich klettere - immer noch etwas müde vom Fahrradsprint quer durch Ehrenfeld
- vom Bahnsteig auf die Gleise hinab. Nein, nicht umbringen will ich
mich, nach allem, was ich mit der Bahn erlebt habe. Im Grunde ein durch
und durch gesetzestreuer Mensch, überquere ich die Schienen unbefugt,
um 500 m Umweg abzukürzen, den Sinndorf seinen Besuchern zumutet. Es
fehlte wohl das Geld für eine Unterführung. 500 m, dass sind weitere 5
Minuten im Kampf um eine menschenwürdige und umweltschonende Fahrzeit
zur Arbeit.
|
„Ehrenfeld hat einen neuen Bürger–Bas !“ Vergangenen
Montag war auf der Bürgervereinsversammlung im „Strohhut“ alles da Köln, 19.03.1968 Hannes von Ehrenfeld |
|
Zur
Geschichte des Museums für Lackkunst Mit der Eröffnung des Museums für Lackkunst am 25. September 1993 in Münster wurde der Öffentlichkeit eine unternehmenseigene Sammlung zugänglich gemacht, die bereits auf eine etwa sechzigjährige Geschichte zurückblicken kann (Abb. 1). Unter dem Namen "Herbig-Haarhaus Lackmuseum" war sie seit 1955 in eigens dafür hergerichteten Räumen eines Verwaltungsgebäudes der Lackfabrik Herbig-Haarhaus AG im Kölner Stadtteil Bickendorf ausgestellt und auf Wunsch zu besichtigen. Während sie sich auf diese Weise schon frühzeitig in Fachkreisen internationalen Ruf und Anerkennung erwarb, wurde sie einem größeren Publikum erst durch die von Edith Sträßer, der damaligen Museumsleiterin, konzipierte Wanderausstellung "Ex oriente lux - Lackkunst aus Ostasien und Europa" bekannt. Unter diesem ebenso klangvollen wie sprechenden Titel wurde eine repräsentative Auswahl von 170 Objekten von 1977 an nicht nur in mehreren deutschen Städten, so unter anderem in Nürnberg, München, Hamburg, Berlin und Stuttgart, sondern auch europaweit in Brüssel, Kopenhagen, Paris, Madrid, Mailand, Wien, Zürich und andernorts gezeigt. Um 100 weitere Objekte ergänzt, erreichte sie ihre letzte Station 1988 in London. Begleitet wurde die Ausstellung von einem in mehrere Sprachen übersetzten Katalog, der in Übersichtsdarstellungen und Kurzbeschreibungen der Exponate einen Abriß der Lackkunst vermittelte. Der Name "Herbig-Haarhaus Lackmuseum" stand zugleich für den ursprünglichen Eigentümer und Träger der Sammlung - die Herbig-Haarhaus AG in Köln-Bickendorf. Gründer dieser Lackfabrik, die zu den ältesten Industriebetrieben in Köln zählt, war Robert Friedrich Haarhaus. Seit den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts zunächst Teilhaber eines Fachgeschäfts, eröffnete Haarhaus 1844 selbst eine Drogerie und Farbwarenhandlung, in der Farben, Lacke und verwandte chemische Erzeugnisse auch nach eigenem Verfahren hergestellt wurden. In den folgenden Jahrzehnten gewann die Firniskocherei zunehmend an Bedeutung, eine Entwicklung vom Fachhandel zur Fabrikation, die - begünstigt durch die 1871 begründete Teilhaberschaft von Haarhaus' Schwiegersohn Adolf Herbig - 1874 mit dem Neubau einer Lackfabrik in Köln-Ehrenfeld ihren Abschluß fand. Das prosperierende Unternehmen, das sich rasch gegen die in- und ausländische Konkurrenz durchzusetzen vermochte, erfuhr im Jahre 1903 durch die Verlegung auf ein erweitertes Fabrikgelände bei Köln-Bickendorf einen erneuten, wachstumsorientierten Standortwechsel. So konnte sich die 1922 in eine Aktiengesellschaft umgewandelte Firma unter der Leitung von Arthur und Franz Herbig zu einer der größten Lackfabriken des europäischen Kontinents entwickeln. Die "Leidenschaft für feine Lacke" und das Interesse für den geschichtlichen Hintergrund des industriell angefertigten Produkts mögen den Anstoß gegeben haben, daß schon Adolf Herbig, der "als einer der besten Kenner der damals hochgeschätzten Japan-Lacke galt", im vergangenen Jahrhundert einzelne Objekte der Lackkunst erwarb. Offenbar handelte es sich dabei nicht nur um deutsche Stücke aus der Zeit der Gründung und der Aufbaujahre der eigenen Lackfabrik, sondern auch um Beispiele ostasiatischer Herkunft, die nach dem Neubau der Hauptverwaltung 1937 im Sitzungszimmer Aufstellung fanden. Dieser dergestalt ausgestattete Besprechungsraum darf als Keimzelle des späteren Museums bezeichnet werden. Zu dieser Zeit war der eigentliche Initiator und Förderer der Sammlung, Dr. Erich Zschocke, bereits seit einem Jahrzehnt Mitarbeiter des Unternehmens (Abb. 2). Am 10. Mai 1901 in Solingen geboren, verbrachte Zschocke schon seine Schulzeit in Köln. Der Freundschaft mit seinem damaligen Schulkameraden Hans Herbig (1907-1955) war nicht nur lebenslange Dauer beschieden, sie führte um 1926/27 auch zum Eintritt Zschockes in die Herbig-Haarhaus AG, für die er zunächst als Leiter der Werbeabteilung tätig war. Daß in Erich Zschocke unabhängig von seinen ökonomischen Fähigkeiten von Jugend an auch die Neigung zum Künstlerischen angelegt war, verdeutlicht schon der Vermerk in seinem Abiturzeugnis: "Verläßt die Schule, um Maler zu werden". Auch der Abschluß seines Betriebswirtschaftsstudiums mit einer Dissertation über das Thema "Muß Reklame künstlerisch sein, um zu wirken?" offenbart diese Ausrichtung seines Wesens. Im privaten Bereich manifestierte sie sich in einer jahrzehntelangen Sammeltätigkeit auf dem Gebiet deutscher Fayencen des 18. Jahrhunderts und des frühen Meißner Porzellans. Kenntnisreich und engagiert, zählte er 1951 nicht zufällig zu den Gründungsmitgliedern der Gesellschaft der Keramikfreunde in Köln. Zschockes Liebe zur Kunst und der innerbetriebliche Spielraum, den ihm die persönliche Beziehung zur Familie Herbig eröffnete, erwiesen sich in den Aufbaujahren der Sammlung als denkbar glückliche Fügung. Auf der Suche nach geeigneten Ergänzungen für seine eigene, überaus anspruchsvoll angelegte Kollektion durchstreifte Zschocke den Kölner Kunsthandel, und nicht zuletzt boten seine Dienstreisen willkommene Gelegenheit zu entsprechenden Ausflügen. Stets war sein Augenmerk dabei auch auf die Arrondierung der firmeneigenen Sammlung gerichtet. Ohne die Ankäufe der Vorkriegsjahre im einzelnen nachweisen und dokumentieren zu können, muß der Bestand schon in den dreißiger Jahren beträchtlichen Zuwachs erfahren haben. Dies gilt dann vor allem für die Jahre 1940 bis 1942, über die wir durch erste Inventareinträge genauer unterrichtet sind. Die gute Ertragslage wirkte sich unmittelbar auf die Sammlung aus, die zu diesem Zeitpunkt längst über eine bloße Anhäufung heimischer Lackprodukte des 19. Jahrhunderts gleichsam als Dokumentation parallel zur Unternehmensgeschichte hinausgewachsen war. Japanische Lackarbeiten des 16. bis 19. Jahrhunderts, darunter ein kôbako mit Perlmuttereinlagen aus der späten Muromachi-Zeit (1334-1567) (Abb. 3), wurden überwiegend bei Köntges und Lempertz in Köln erworben. Geschäftliche Beziehungen nach Frankreich und Belgien ließen seit 1941 auch den Pariser und Brüsseler Kunstmarkt näherrücken. Unter den dort gekauften Stücken verzeichnet das Inventar die ersten Beispiele chinesischen Schnitzlacks sowie französischer Lackbijouterien des 18. Jahrhunderts (Abb. 4). So wurde im Juni 1941 bei Charles Meylemans in Brüssel neben einer Reihe schöner Ch'ien-lung-Lacke mit der kleinen Rotlackvase aus der Zeit des Kaisers Yung-lo das bislang bedeutendste Werk chinesischer Schnitzlackkunst in der Sammlung erworben. Nur einen Monat später konnte sie um den frühen Schnitzlackteller mit einer Darstellung des Chou Tun-i am Lotosteich (Abb. 5) sowie um eine chinesische Kuan-yin-Plastik in Goldlackfassung aus dem 17. Jahrhundert bereichert werden. Zählt das Inventar im Jahre 1941 157 hinzuerworbene Einzelstücke, waren die Neuerwerbungen des Jahres 1942 auf nur noch 25 Objekte beschränkt, darunter als wichtigstes, wiederum bei Meylemans in Brüssel erstandenes Stück eine blütenförmig geschweifte, mit reichen Perlmuttereinlagen verzierte chinesische Dose der mittleren Ming-Dynastie (1368-1644) (Abb. 6). Mit dem Jahr 1943 war weiteren Ankäufen ein jähes, wenn auch nur vorläufiges Ende beschieden. Die auf Köln niedergehenden Bombenangriffe erforderten 1943 die Auslagerung der Sammlungsbestände, von denen Teile in die Eifel und ins Siegerland, Teile in ein von Zschocke angemietetes Haus bei Garmisch verbracht wurden. Gleichwohl blieb eine unbekannte Anzahl holländischer und englischer Möbel mit frühem Chinoiserie-Dekor auf dem Werksgelände zurück und fiel 1944 zugleich mit den Fabrikanlagen der vollständigen Vernichtung anheim. Nach Wiederaufnahme der Produktion bereits 1946 und umsichtiger Rückführung der ausgelagerten und unversehrt gebliebenen Sammlungsbestände wird schon im März 1948 mit einer Stobwasser-Dose die erste Nachkriegserwerbung verzeichnet. Nur wenige Jahre später, im August 1955, wurde die Sammlung auf Betreiben Zschockes neu aufgestellt und als Herbig-Haarhaus Lackmuseum im großen Lichtsaal des Hauptverwaltungsgebäudes interessierten Besuchern zugänglich gemacht. Der frühe Tod Hans Herbigs im selben Jahr führte zu einer Umstrukturierung der Unternehmensleitung, der Erich Zschocke - nunmehr zuständig für den Vertrieb - seit 1957 als eines von drei Vorstandsmitgliedern angehörte. Auch über das bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1967 verbleibende Jahrzehnt hinaus bestimmte Zschocke Umfang und Qualität des Zuwachses, der sich unter seiner Ägide nicht nur aus der ostasiatischen und europäischen Kunst (Abb. 7), sondern - vereinzelt - auch aus dem islamischen Kulturkreis sowie den süd- und südostasiatischen Ländern rekrutierte. Selbst Beispiele präkolumbianischer und frühkolonialer Holzgefäße aus Peru mit polychromen Lackinkrustationen fanden als Belege der weltweiten Verbreitung von Lacktechniken Berücksichtigung. Spürsinn und ein durch seine langjährige Sammeltätigkeit geschultes, sicheres ästhetisches Urteil erwiesen sich als Garanten für ein überwiegend beständig hohes Niveau. Lempertz und Langeloh in Köln, Hauswedell in Hamburg, Beer in Brüssel, Motamed in Frankfurt, Fischer-Böhler in München und Oesterle in Stuttgart sind die in den fünfziger und sechziger Jahren wiederholt genannten Bezugsquellen. Einzelne Stücke, wie eine Yang Mao signierte Guri-Lackdose (Abb. 8), konnten aus dem Besitz von Jean-Pierre Dubosc (1904-1988), Lugano, andere, wie ein koreanischer Kleiderkasten des 17. Jahrhunderts und ein Album mit Lackbildern von Zeshin, 1960 mit Hilfe Werner Speisers im Hongkonger und Tokioter Kunsthandel erworben werden. Der enge fachliche Austausch und die freundschaftliche Verbundenheit, die Zschocke vor allem mit Erich Köllmann (1906-1986), dem Direktor des Kölner Kunstgewerbemuseums, Walter Holzhausen (1896-1968), dem Direktor des Städtischen Kunstmuseums Bonn, und mit Werner Speiser (1908-1965), dem Leiter des 1941 an der Universität Köln eingerichteten Seminars für Ostasiatische Kunst, pflegte, wirkten sich nicht nur auf die Sammeltätigkeit äußerst befruchtend aus. Ihren wissenschaftlichen Niederschlag fanden sie in der von Zschocke initiierten und von der Herbig-Haarhaus AG ermöglichten Herausgabe zweier Standardwerke zur Lackkunst: Walter Holzhausens 1958 erschienener Monographie Lackkunst in Europa, der ersten diesem Thema gewidmeten Übersichtsdarstellung, und dem 1965 postum veröffentlichten Buch Lackkunst in Ostasien von Werner Speiser. Beide Werke, deren Entstehung ohne das reiche Anschauungsmaterial der Herbig-Haarhaus-Sammlung kaum möglich gewesen wäre und in denen sich viele Sammlungsobjekte erstmalig veröffentlicht finden, sind noch heute unerläßlich zum Studium der Lackkunst. Kleinere Beiträge zu Einzelaspekten, wie die noch vor den Zerstörungen des Krieges von Kurt Röder verfaßte Studie Das indianische Lackkabinett des Kurfürsten Clemens August in Schloss Brühl, das 1953 erschienene Heft von Holzhausen Das kurfürstlich Bayerische Münzkabinett und die 1961 von Erich Köllmann anonym verfaßte Broschüre Laque und porcellaine ... , gab das Unternehmen aus besonderem Anlaß oder als Jahresgaben für seine Kundschaft heraus. Darüber hinaus widmete sich die von der Herbig-Haarhaus AG herausgegebene Fachzeitschrift Farbe und Lack wiederholt Themen der Lackkunst. Der 1963 erfolgte Umzug der Sammlung innerhalb des Bickendorfer Firmengeländes und ihre Neupräsentation in einem eigens eingerichteten größeren Ausstellungsraum fanden bereits unter Mitwirkung von Edith Sträßer statt, einer Schülerin Werner Speisers, die Zschocke 1960 für die kunsthistorische Betreuung des mittlerweile auf mehrere hundert Objekte angewachsenen Sammlungsbestandes eingestellt hatte. Dem unter seiner unmittelbaren Einwirkung gereiften musealen Charakter und Rang der Sammlung trug er damit auch im Hinblick auf ihre personelle Ausstattung Rechnung. Umsichtig und vorausschauend hat er, dem die Sammlung nicht zuletzt ein persönliches Refugium war, die Grundlagen für die nachfolgenden Jahrzehnte gelegt. Erich Zschocke starb am 11. März 1978 in Köln. In seinem Nachruf wußte Erich Köllmann vor allem Zschockes Verdienste um die Lackkunst zu würdigen: "Ein Werk, das ganz seinem Geiste entsprang, macht jedoch sein Wissen und seine Tatkraft sichtbar. Das Lackmuseum der Firma Herbig-Haarhaus, zu dem es keine vergleichbare Sammlung in Europa, vielleicht sogar auf der Welt gibt, ist nicht nur eine Dokumentation der Geschichte der Lackkunst Ostasiens und der des europäischen 18. Jahrhunderts, es ist auch gleichzeitig eine Manifestation des Kunstsinns und Qualitätsgefühls, die auch die Dinge, mit denen Erich Zschocke sich selbst umgab, kennzeichnen." Mit der 1968 erfolgten Akquisition der Herbig-Haarhaus AG durch die BASF AG ging auch das Firmenmuseum in den Besitz des neuen Eigentümers über, zunächst weiterhin unter dem übernommenen Namen Herbig-Haarhaus Lackmuseum (der Herbol GmbH Köln). Seit der Umbenennung der 1972 durch Fusion mehrerer Unternehmen gegründeten Tochtergesellschaft BASF Farben + Fasern AG im Jahre 1985 wurde die Sammlung unter der Bezeichnung Lackmuseum der BASF Lacke + Farben AG geführt. Der Sitz der Gesellschaft im westfälischen Münster sollte späterhin bei der Wahl ihres neuen Domizils ausschlaggebend sein. Unter der Leitung von Edith Sträßer, die 1972 einen ersten Kurzführer durch die Sammlung verfaßte, wurde der Bestand durch gezielte Erwerbungen systematisch ergänzt. Hervorzuheben ist insbesondere eine Reihe islamischer Lackarbeiten persischer, türkischer und nordindischer Provenienz, darunter der 1981 erstandene Spiegelkasten mit Signatur des Mogul-Miniaturisten Manohar (Abb. 9). Erst diese Ankäufe arrondierten den übernommenen Herbig-Haarhaus-Bestand zu einer repräsentativen Gruppe. Daneben schlossen Einzelerwerbungen im ostasiatischen Bereich - wie der 1977 hinzugekommene koreanische Kabinettschrank mit reichen Einlagen aus Haifischhaut, die 1981 akquirierte Negoro-Schale und die 1985 erstandene japanische Holzplastik eines sitzenden Mönchs - gravierende Lücken. Zugleich wußte Edith Sträßer der Inro-Kollektion mit Beispielen etwa von Shibata Zeshin (Abb. 10) und Koma Kyûhaku Glanzlichter aufzusetzen. Im europäischen Bereich verdienen vor allem ein Paar französische Kutschenpaneele mit figürlichen Chinoiserien in prachtvollen Aventurinlackbordüren (Abb. 11) und als ihr letzter, 1990/91 geglückter Ankauf eine Anfang des 18. Jahrhunderts entstandene englische Standuhr mit Chinoiseriedekor auf weißem Lackgrund hervorgehoben zu werden. Den Höhepunkt ihrer dreißigjährigen Tätigkeit für das Museum markierte aber 1982 die von ihr initiierte Erwerbung einer vollständigen, nahezu vierhundert Objekte umfassenden Sammlung, der weltweit einzigen, die sich dem gleichen Spezialgebiet in ähnlich breiter Streuung verschrieben hatte: die Sammlung Herberts in Wuppertal. Kurt Herberts wurde am 17. Februar 1901 in Barmen (Wuppertal) geboren (Abb. 12). Nach dem Studium der Chemie an der Technischen Hochschule in Stuttgart und der Promotion 1923 gründete er zunächst eine eigene Firma. In den dreißiger Jahren übernahm er die väterliche Lackfabrik, die unter seiner innovationsorientierten Leitung zu einem führenden Unternehmen der Branche aufrückte. In die späten dreißiger Jahre gehen auch die Anfänge seiner Sammeltätigkeit zurück. Herberts scharte in den Jahren 1937 bis 1944 eine Gruppe als entartet verfemter Künstler um sich, die er in seinem Unternehmen vor allem mit Werbeentwürfen und der künstlerischen Gestaltung von Neubauten beschäftigte - unter ihnen Willi Baumeister (1889-1955) und Oskar Schlemmer (1888-1943). Schlemmer konzipierte in den von November 1940 bis August 1942 in Wuppertal verbrachten Jahren aber nicht nur die Ausgestaltung des Fabriklabors und das berühmte Lackkabinett, seine Aufgaben umfaßten auch die Einrichtung eines "Lacktechnikums" zur Erforschung der Eigengesetzlichkeiten und Möglichkeiten des industriellen Lacks im Hinblick auf seine künstlerische Anwendbarkeit. Seine praktischen Versuche schlossen Experimente mit ostasiatischen Lacktechniken ein, wie z.B. dem Eierschalenlack und anderen Einlegeverfahren. So gehören zu den im Krieg zerstörten angewandten Arbeiten Schlemmers und Baumeisters nach dem Vorbild des tsugaru-nuri und des negoro-nuri verzierte Lackschatullen. Beide Künstler bestätigten den jungen, an philosophischen Fragen ebenso wie an künstlerischen Phänomenen interessierten Unternehmer in seinem Vorhaben, eine Studiensammlung zur Malstoffkunde aufzubauen, die die Erforschung von Materialien und Anwendungstechniken der Oberflächengestaltung auf breitester Ebene ermöglichen sollte. Sie beinhaltete nicht nur eine Kollektion verschiedenster Materialien, wie z.B. von Bernstein und Kopalen, ein Tausende von Beispielen erfassendes Photoarchiv, sondern auch Muster jeder nur auffindbaren Anwendung dieser Rohstoffe, und zwar von prähistorischer Zeit bis in die Gegenwart reichend. Diese enzyklopädisch breit angelegte Sammlung, die auf unsystematisch zusammengetragene und teilweise ererbte Einzelstücke aus Familienbesitz zurückgreifen konnte, wurde - begünstigt durch die gute Ertragslage - in den Jahren 1938 bis 1944 in großem Stil durch Erwerbungen u.a. bei Konietzko in Hamburg, Krenz in Leipzig und der Münchner Kunsthandelsgesellschaft, aber auch von Doubletten des Ostasiatischen Museums in Berlin aufgebaut. Mit diesen durch die Veröffentlichung einer Schriftenreihe ergänzten Aktivitäten wollte Herberts "die Produktion der modernen Farbenindustrie in einen kulturhistorischen Zusammenhang rücken." Die sich verschlechternde Kriegslage ließ eine Auslagerung der in jenen Jahren von der Kunsthistorikerin Renate Jacques verwalteten Sammlung geboten erscheinen. Schon in Kisten verpackt, wurden die für den Transport nach Sommerhausen am Main bereitgestellten Kunstgegenstände gleichwohl von Brandbomben getroffen und nahezu vollständig vernichtet. Das gleiche Schicksal traf ihre bisherige Heimstatt, das Haus auf dem Döppersberg in Wuppertal-Elberfeld, wo einzig die im Erdgeschoß untergebrachte Bibliothek den Krieg nahezu unversehrt überstand. Der glückliche Zufall wollte es, daß auch einige wenige Kisten und einzelne Objekte, die kurzfristig außer Haus gebracht worden waren, den Krieg überdauerten (Abb. 13). Dabei handelte es sich fast ausschließlich um ostasiatische Arbeiten. Der verschonte Restbestand aus den Vorkriegs- und Kriegsjahren diente der neuen Sammlung, die Kurt Herberts ungeachtet der großen Verluste seit 1949 aufzubauen begann, nicht nur als Basis, er bestimmte auch die zunächst eingeschränkte Ausrichtung ausschließlich auf ostasiatische Lackkunst. Von Dezember 1952 bis Juli 1959 von Beatrix von Ragué betreut, wurde die Sammlung systematisch erweitert und in einem vorbildlich angelegten Inventar dokumentiert (Abb. 14). Die darin enthaltenen Expertisen stammten zu einem großen Teil von Werner Speiser, der der Sammlung auch bei Ankäufen beratend zur Seite stand. Engen Austausch pflegte Herberts überdies mit Otto Kümmel (1874-1952) in Berlin, während der Kontakt zu Fritz Löw-Beer (1906-1976) auf ein einziges Tauschgeschäft beschränkt blieb. Für einen Weinbecher der Ch'in-Dynastie (221-206 v. Chr.) trennte Herberts sich von einer frühen Ming-Rotlackdose, deren dicht geschnittener Drei-Freunde-Dekor Löw-Beers Begehrlichkeit geweckt hatte. Schon in der Mitte der fünfziger Jahre kam im Zuge der intensiven Sammeltätigkeit die Idee zu einem Buch über ostasiatische Lackkunst auf, das - analog zum Sammelkonzept - nach Techniken aufgebaut sein sollte. Grundlage für dieses 1959 erschienene, bis heute unverzichtbare Standardwerk war neben einer ersten, von dem deutschen Diplomaten Artur Graf Strachwitz (1905-1996) angelegten Kartei zu japanischen Lacktechniken vor allem jahrelange Forschung der damaligen Sammlungsleiterin Beatrix von Ragué, die späterhin die Direktion des Museums für Ostasiatische Kunst in Berlin übernehmen sollte. Das um Daten und Quellen erweiterte Verzeichnis der Lackmeister wurde von Werner Speiser erstellt. Es ist vor allem dieses berühmte Buch der Ostasiatischen Lackkunst, "das erstmalig in der westlichen Welt Lackkunst als solche sichtbar und ihren handwerklichen Entstehungsprozeß begreifbar machte und gleichzeitig auch dem Nicht-Fachmann die Augen öffnete für den Werkstoff Lack." Die Herberts-Sammlung, die in den sechziger und siebziger Jahren - nunmehr betreut von Eva Kneuse - vor allem um Beispiele der persischen und europäischen Lackkunst bereichert wurde, verblieb auch nach Veräußerung der Lackfabrik Dr. Kurt Herberts & Co. 1976 an die Hoechst AG im Privatbesitz von Kurt Herberts. Erst akute Raumnot erforderte 1982 die Trennung von seiner Sammlung, die er um den alten Herbig-Haarhaus-Bestand zu einem auf Lackkunst in all ihren Aspekten spezialisierten Museum sinnvoll vereinigt wußte, nachdem Teilbestände beider Sammlungen schon einmal - anläßlich der Hannover-Messe 1963 - in der Halle der Chemie zusammen ausgestellt waren. Ihre nunmehr geschlossene Neupräsentation in Münster hat Kurt Herberts, der am 20. November 1989 in Wuppertal verstarb, nicht mehr erlebt. Die Struktur der Sammlung wird wesentlich geprägt nicht nur von der Vielfalt, der langen Geschichte und der ungewöhnlich weiten Verbreitung des Werkstoffes Lack, sondern auch von dem Qualitätsbewußtsein und den Zielsetzungen unterschiedlicher Sammlerpersönlichkeiten. Ihr über Jahrzehnte hinweg eingebrachtes Engagement und die Leistung bedeutender, der Sammlung freundschaftlich verbundener Kunsthistoriker, die ihr Wissen und ihre Kennerschaft dem Aufbau des Museums zugute kommen ließen, sind uns Vorbild und Ansporn zugleich. |